"Was der Jude dem deutschen Volke bisher ankündigte, ging nicht in Erfüllung. Was aber der Führer prophezeite, ist immer eingetroffen. Der Führer aber hat am Anfang dieses Jahres im Reichstag verkündet: 'Sollte infolge der unablässigen jüdischen Kriegshetze ein Krieg ausbrechen, so prophezeie ich als Ende dieses Krieges die Ausrottung der jüdischen Rasse in Europa.' " (IMT, Streicher-6)
Der deutsche Polen-Feldzug ist abgeschlossen. Rund 400.000 polnische Kriegsgefangene befinden sich in deutscher Hand, darunter mehr als 60.000 Juden. Sie werden sofort von den anderen getrennt und einer besonders schlechten Behandlung ausgesetzt. 20.-25.000 von ihnen sterben in den Gefangenenlagern.
Unter über 16.000 polnischen Zivilisten, die während des Krieges von den Deutschen ermordet wurden, waren mindestens 5.000 Juden. In vielen Städten und Orten kam es zu ersten antijüdischen Gewalttaten durch die Einsatzgruppen der SS und Wehrmachtseinheiten. In Przemysl (Galizien) wurden zwischen dem 14. und 28. September, bevor die Deutschen die Stadt den sowjetischen Truppen übergaben, etwa 500 Juden ermordet. Von den 1.800 jüdischen Menschen aus Chelm, die im Dezember 1939 über die Demarkationslinie auf sowjetisches Gebiet getrieben wurden, wurden ungefähr 1.400 auf dem Marsch von den Deutschen ermordet. In Bedzin wurden am 9. September 500 jüdische Einwohner von den Deutschen ermordet.
Eichmann verfaßt nach Rücksprache mit Gestapochef Müller einen Vermerk über geplante Zwangsumsiedlungen in Oberschlesien.
70.-80.000 Juden sollen aus dem Bezirk Kattowitz in "östliche Richtung über die Weichsel"
deportiert werden, wobei das Ziel noch ungenannt bleibt. Zugleich sollen auch Juden aus dem angrenzenden tschechischen Gebiet, aus Mährisch-Ostrau, zusammen mit jüdischen Flüchtlingen aus Polen, "abgeschoben"
werden.
"Diese Tätigkeit soll in erster Linie dazu dienen, Erfahrungen zu sammeln, um auf Grund dieser derart gesammelten Erfahrungen die Evakuierung größerer Massen durchführen zu können."
(Adler, S. 127-128)
"zur Festigung deutschen Volkstums"
Himmler wird zum "Reichskommissar für die Festigung deutschen Volkstums"
ernannt, mit dem Auftrag, die beabsichtigten umfangreichen Umsiedlungen in den besetzten und annektierten polnischen Gebieten zu planen und zu organisieren.
In dem Erlaß Hitlers heißt es: Nach der Zerschlagung Polens habe das Großdeutsche Reich jetzt "die Möglichkeit, deutsche Menschen, die bisher in der Fremde leben mußten, in seinem Raum aufzunehmen und anzusiedeln und innerhalb seiner Interessengrenzen die Siedlung der Volksgruppen so zu gestalten, daß bessere Trennungslinien zwischen ihnen erreicht werden."
Die Aufgaben Himmlers in diesem Zusammenhang seien:"1. Die Zurückführung der für die endgültige Heimkehr in das Reich in Betracht kommenden Reichs- und Volksdeutschen im Ausland,
2. die Ausschaltung des schädigenden Einflusses von solchen volksfremden Bevölkerungsteilen, die eine Gefahr für das Reich und die deutsche Volksgemeinschaft bedeuten,
3. die Gestaltung neuer deutscher Siedlungsgebiete durch Umsiedlung, im besonderen durch Seßhaftmachung der aus dem Ausland heimkehrenden Reichs- und Volksdeutschen."
"Der Reichsführer SS ist ermächtigt, alle zur Durchführung dieser Obliegenheiten notwendigen allgemeinen Anordnungen und Verwaltungsmaßnahmen zu treffen."
. (IMT, PS-686)
Zur Erfüllung seiner Aufgaben kann er "den in Frage stehenden Bevölkerungsteilen bestimmte Wohngebiete zuweisen"
Westpolen - im deutschen Sprachgebrauch Ostoberschlesien, Wartheland, Südostpreußen und Westpreußen - wird Teil des Großdeutschen Reichs. In diesen Gebieten lebten vor dem deutschen Einmarsch etwa 650.000 jüdische Menschen.
In Piotrków Trybunalski, nahe bei Lodz, errichten die Deutschen zum ersten Mal ein Ghetto, in das sie die gesamte jüdische Bevölkerung zwangsweise umsiedeln. In der Stadt lebten vor dem Krieg 18.000 Juden. Sogleich nach dem Einmarsch der Wehrmacht (5. September) hatten die Deutschen Gewalttaten gegen die jüdische Bevölkerung begangen.
Konferenz beim schlesischen Gauleiter Wagner in Kattowitz, an der auch Eichmann teilnimmt. Er berichtet, daß Heydrich die Durchführung von je zwei Transporten (Deportationszügen) aus Mährisch-Ostrau (Protektorat) und aus Kattowitz (Ostoberschlesien) angeordnet habe. Jeder Transport soll aus 1.000 arbeitsfähigen jüdischer Männern bestehen. Sie sollen zum Barackenbau eingesetzt werden - offenbar zur Vorbereitung künftiger Massen"umsiedlungen"
.
Nach Durchführung dieser Transporte soll Heydrich Hitler einen Erfahrungsbericht vorlegen, der als Grundlage weiterer Entscheidungen über den "generellen Abtransport der Juden"
dienen soll. "Der Führer hat vorerst die Umschichtung von 300.000 Juden aus dem Altreich und der Ostmark (Österreich) angeordnet."
(Adler, S. 128-129)
Das besetzte Polen erhält die Bezeichnung "Generalgouvernement"
. Hans Frank wird zum Generalgouverneur mit Regierungssitz in Krakau ernannt. Das GG besteht aus den Distrikten Warschau, Radom, Krakau und Lublin. Nach dem Überfall auf die Sowjetunion 1941 wird zusätzlich ein Teil der Westukraine um Llow/Lemberg als Distrikt Galizien dem GG angeschlossen.
"Des Führers Urteil über die Polen ist vernichtend. Mehr Tiere als Menschen, gänzlich stumpf und amorph. (...) Der Schmutz der Polen ist unvorstellbar. Auch ihr Urteilsvermögen ist gleich Null. (...) Der Führer will mit den Polen keine Assimilation. Sie sollen in ihren verkleinerten Staat hineingedrückt und ganz unter sich gelassen werden. Hätte Heinrich der Löwe den Osten erobert, wozu damals die Machtmittel ausreichten, dann wäre das Ergebnis bestimmt eine stark verslawisierte deutsche Mischrasse gewesen. Es ist schon so besser, wie es ist. Jetzt kennen wir wenigstens die Rassengesetze und können uns danach ein- und ausrichten." (Fröhlich I, Bd. 3, S. 604)
Eichmann reist in Begleitung von Stahlecker, zu dieser Zeit Chef der Sicherheitspolizei und des SD für Böhmen und Mähren, ins besetzte Polen, um ein "geeignetes Gebiet für die Umsiedlung von Juden"
zu finden - für ein "Judenreservat"
, wie Eichmann es dann nannte. Er faßt dafür ein Gebiet in der Umgebung der Eisenbahnstation Nisko am San im Distrikt Lublin ins Auge. (Adler, S. 129-130)
Tatsächlich stand offenbar hinter dem "Judenreservats"
-Projekt, das im April 1940 vollständig abgebrochen wurde, nur die Absicht, die Deportationsmaschinerie für die kommenden weitaus umfangreicheren Aufgaben aufzubauen und einzuüben.
"In Polen soll die Militärverwaltung möglichst schnell durch Zivilverwaltung abgelöst werden. Die Militärstellen sind zu weich und zu nachgiebig. Und bei den Polen wirkt nur Gewalt. Dazu sind sie so dumm, daß auch keine Überzeugungsargumente bei ihnen wirken. Es fängt eben in Polen schon Asien an. Die Kultur dieses Volkes ist unter aller Kritik. Nur die adlige Schicht hat davon einen dünnen Firnis. Sie ist auch die Seele des Widerstandes gegen uns. Deshalb muß sie enteignet werden. An ihre Stelle treten deutsche Bauern. (...)
Die Polen werden allmählich bis zum letzten Mann herausgedrückt. Da gibt es kein Pardon. Diese ganze Provinz (die ins Reich eingegliederten "neuen Ostgebiete") muß kerndeutsch werden. Die aus dem Baltikum herausgeholten deutschen Bauern sind noch nicht recht siedlungsfähig. Da ist noch viel Arbeit zu tun." (Fröhlich, I.3, S. 609-610)
Die Zentralstelle für jüdische Auswanderung in Wien kündigt an, daß im Lauf der nächsten zwei Wochen fünf Transporte mit je 1.000 Mann "nach Osten"
fahren sollen. Die Stelle verlangt von der jüdischen Gemeinde eine Liste mit den Namen aller arbeitsfähigen Juden bis zum Alter von 55 Jahren. (Adler, S. 134)
Das besetzte Polen (Generalgouvernement) soll nicht Teil des Deutschen Reiches werden. "Die Verwaltung hat nicht die Aufgabe, aus Polen eine Musterprovinz oder einen Musterstaat nach deutscher Ordnung zu schaffen oder das Land wirtschaftlich und finanziell zu sanieren. Es muß verhindert werden, daß eine polnische Intelligenz sich als Führerschicht aufmacht. In dem Lande soll ein niederer Lebensstandard bleiben; wir wollen dort nur Arbeitskräfte schöpfen. Zur Verwaltung des Landes sollen auch Polen eingesetzt werden. Eine nationale Zellenbildung darf aber nicht zugelassen werden."
"Die Durchführung bedingt einen harten Volkstumskampf, der keine gesetzlichen Bindungen gestattet. Die Methoden werden mit unseren sonstigen Prinzipien unvereinbar sein. Der Generalgouverneur soll der polnischen Nation nur geringe Lebensmöglichkeiten geben und die Grundlagen für die militärische Sicherheit erhalten. (...) Es ist Vorsorge zu treffen, daß das Gebiet als vorgeschobenes Glacis für uns militärische Bedeutung hat und für einen Aufmarsch (gegen die UdSSR) genutzt werden kann."
"Die Führung des Gebietes muß es uns ermöglichen, auch das Reichsgebiet von Juden und Polacken zu reinigen"
. (IMT, PS-864)
Je zwei Deportationszüge mit jüdischen Männern aus Wien (1.584), Mährisch-Ostrau (1.400) und Kattowitz (1.875) fahren in das Gebiet östlich von Nisko am San (Distrikt Lublin).
Die meisten Deportierten wurden gleich nach ihrer Ankunft zur deutsch-sowjetischen Demarkationslinie getrieben und über die "grüne Grenze" gejagt. Die wenigen Männer (ausgewählte Handwerker und Bauarbeiter), die zum Aufbau eines Lagers zurückgehalten wurden, wurden im Frühjahr 1940 in ihre Heimat zurückgeschickt, nachdem das Projekt eines "Judenreservats"
definitiv aufgegeben worden war.
Der Reichsfinanzminister erhöht die als jüdische "Sühneleistung"
nach dem Novemberpogrom festgesetzte Judenabgabe von 20 auf 25 Prozent des Vermögens. Der Unterschiedbetrag von 5 Prozent ist unaufgefordert am 15.11.39 zu zahlen. (Walk, S. 307)
In Dissertationen dürfen jüdische Autoren nur dann zitiert werden, wenn es aus wissenschaftlichen Gründen unumgänglich ist. In solchen Fällen muß hervorgehoben werden, daß es sich um Juden handelt. Im Literaturverzeichnis sind deutsche und jüdische Verfasser zu trennen. (Walk, S. 307)
Je zwei Deportationszüge mit jüdischen Männern aus Wien (1.584), Mährisch-Ostrau (1.400) und Kattowitz (1.875) fahren in das Gebiet östlich von Nisko am San (Distrikt Lublin).
Die meisten Deportierten wurden gleich nach ihrer Ankunft zur deutsch-sowjetischen Demarkationslinie getrieben und über die "grüne Grenze" gejagt. Die wenigen Männer (ausgewählte Handwerker und Bauarbeiter), die zum Aufbau eines Lagers zurückgehalten wurden, wurden im Frühjahr 1940 in ihre Heimat zurückgeschickt, nachdem das Projekt eines "Judenreservats"
definitiv aufgegeben worden war.
Eichmanns gibt telefonische Anweisung nach Brünn in Mähren, daß die Abtransporte von Juden aus dem Protektorat bis auf weiteres eingestellt werden sollen. Die für den nächsten Transport bereits erfaßten Frauen sollen vorerst nicht deportiert werden.
Da die deutschen Stellen in Mährisch Ostrau zur Vorbereitung der nächsten Deportationszüge schon zahlreiche Juden festgenommen haben, bitten sie Eichmann darum, zur Wahrung des Prestige der Gestapo wenigstens einen Transport durchführen zu können. Eichmann erklärt sich damit einverstanden, daß bis zu 400 männliche Juden abtransportiert werden könne. Sie sollen dem am 27. Oktober aus Kattowitz nach Nisko am San abgehenden Zug beigegeben werden. (Adler, S. 134)
Als erster im GG führt der Stadtkommandant von Wloclawek eine Kennzeichnungspflicht für Juden ein.
Gemäß § 2 des Gesetzes über den Widerruf von Einbürgerungen und die Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit vom 14.7.33 können bei Einleitung des Aberkennungsverfahrens gegen im Ausland befindliche Reichsangehörige ihre Vermögenswerte beschlagnahmt und nach Aberkennung der Staatsangehörigkeit zugunsten des Reichs für verfallen erklärt werden. (Walk, S. 307)
Verordnung Franks über die Einführung des Arbeitszwanges für die jüdische Bevölkerung.
"Für die im Generalgouvernement ansässigen Juden wird mit sofortiger Wirkung der Arbeitszwang eingeführt. Die Juden werden zu diesem Zwecke in Zwangsarbeitertrupps zusammengefaßt."
(VBL GG 1939, S. 5-7)
Transport mit 315 Juden polnischer Herkunft aus Prag nach Mährisch Ostrau. Von dort fährt der Zug am 1. November mit Ziel Nisko am San weiter, wird aber in Sosnowitz (Ostoberschlesien) angehalten, wo die Insassen interniert werden. Im Februar 1940 können sie mit Unterstützung der jüdischen Organisationen Joint und Hicem nach Slowakien ausreisen. (Adler, S. 134-135)
Als Reichskommissar zur Festigung deutschen Volkstums ordnet Himmler an, in den nächsten Monaten aus den eingegliederten ehem. westpolnischen Gebieten rund 550.000 Juden und Polen ins Generalgouvernement "auszusiedeln"
.
"Von besonderer Bedeutung ist ein erst vor wenigen Tagen ergangener Erlaß des Reichsführers SS und Chefs der Deutschen Polizei, in welchem angeordnet worden ist, daß alle Juden, die irgendwelchen Anordnungen nicht sofort Folge leisten oder sonst ein staatsabträgliches Verhalten an den Tag legen, sofort festzunehmen und in ein Konzentrationslager einzuliefern sind. Eine strenge Durchführung dieses Erlasses wird besser als jede Maßnahme geeignet sein, die Juden zu zwingen, ein ihnen angemessenes Verhalten an den Tag zu legen."
(Adler, S. 43)
Besprechung des Generalgouverneurs Frank mit SS-Führern.
Es wird mitgeteilt, daß Himmler die Entfernung aller Juden aus den annektierten polnischen Westgebieten beabsichtige. Bis zum Februar 1940 solle aus diesen Gebieten etwa eine Million Menschen in das Generalgouvernement abgeschoben werden. Auf der anderen Seite sollen mittelfristig aus dem GG die "gutrassigen"
, "eindeutschungsfähigen"
polnischen Familien - schätzungsweise 4 Millionen Menschen - in das Reichsgebiet umgesiedelt werden, um sie leichter assimilieren zu können. Ab 15. November werde das gesamte Eisenbahnnetz des Generalgouvernements für die Umsiedlungstransporte zur Verfügung stehen. (Präg, S. 52-53; IMT, PS-2233)