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03.06.1940

Memorandum Rademachers, Auswärtiges Amt, über die "Festlegung des deutschen Kriegsziels in der Judenfrage"

Es gebe die folgenden Möglichkeiten: a) Entfernung aller Juden aus Europa. b) Trennung zwischen Ost- und Westjuden. Die Ostjuden, "die den zeugungskräftigeren und talmudsicheren Nachwuchs für die jüdische Existenz bilden, bleiben als Faustpfand in deutscher Hand, um die Amerikajuden lahm zu legen." Dagegen könnten die Westjuden aus Europa entfernt werden, vielleicht nach Madagaskar. c) Errichtung eines jüdischen Staatswesens in Palästina. ("Gefahr eines zweitens Roms", d.h. einer international wirkenden Institution ähnlich dem Vatikan)

Rademacher empfiehlt die "Aufnahme engerer Besprechungen mit den interessierten innerdeutschen Partei-, Staats- und wissenschaftlichen Stellen, Erfassen und Abstimmen ihrer Pläne auf die Wünsche des Herrn Reichsaußenministers. Sammeln der sachlichen Unterlagen (Anzahl der Juden in den einzelnen Ländern, die für die Evakuierung notwendigen Geld- und Transportmittel und die dafür möglichen Fristen usw.)" (Adler, S. 71-72; NG-5764)

Erlaß des Reichsarbeitsministeriums

Juden erhaltenen keinerlei Vergünstigungen wie deutsche Arbeiter, z.B. Lohnzahlungen für Feiertage, Lohnzuschlag für Arbeit an Feiertagen, Sonderbeihilfen zu Geburten oder Heiraten, Sterbegelder, Weihnachtsgratifikationen. (Walk, 322)

06.06.1940

Einführungsverordnung für die eingegliederten Ostgebiete

Auf dem Gebiet des Strafrechts gilt nicht mehr der Verfolgungszwang; der Staatsanwalt verfolgt nur Taten, deren Ahndung er im "öffentlichen Interesse" für erforderlich hält. Polen und Juden wird die Erhebung von Privat- und Nebenklagen untersagt.

06. - 07.06.1940

Generalgouvernement

Wirtschaftstagung.

Gouverneur Dr. Fischer, Distrikt Warschau, spricht von den "katastrophalen" Ernährungsproblemen in der Stadt Warschau. "Das Judenproblem sei zur Lösung reif; die Einsperrung im Ghetto stelle die einzige Möglichkeit dar. Die Juden sollen dann nicht mehr aus dem Ghetto heraus dürfen, und Lebensmittel sollen sie bekommen, wenn sie Waren herausgeben."

Krüger, Polizeichef im Generalgouvernement und verantwortlich für die Organisierung der jüdischen Zwangsarbeit: "Um zu einer vernünftigen Art von Zwangsarbeit der Juden zu kommen, wäre es notwendig, daß die nomadisierenden Juden in Städten seßhaft würden. Auf der anderen Seite gehe man jetzt daran, die Juden karteimäßig zu erfassen. Durch die Einführung der Zwangsarbeit werde der Jude tatsächlich vielfach von der Arbeit abgehalten, und deshalb sei es notwendig geworden, die jüdischen Arbeitskräfte unter bestimmten Kautelen in der freien Wirtschaft unterzubringen. Damit würde dann dieses Gebiet auf den Leiter der Abteilung Arbeit zu übertragen sein. Übrigens sei es nicht so einfach, die Juden in Läger zusammenzufassen. Im großen und ganzen jedenfalls sei das nicht möglich, da Verwaltung, Bewachung, Ernährungslage und auch Finanzierung eine große Rolle spielten." (Präg, S. 224ff; IMT, PS-2233)

12.06.1940

VO des Reichsjustizministers zur Durchführung der Fünften VO zum Reichsbürgergesetz

§ 1 (1): Konsulenten (jüdische Anwälte, die nur Juden vertreten dürfen) können als Verteidiger in Strafsachen zurückgewiesen werden, wenn dies aus besonderen Gründen, insbesondere mit Rücksicht auf den Gegenstand des Verfahrens, geboten erscheint. (Walk, S. 322)

14.06.1940

Auschwitz

Ankunft der ersten 728 Polen, politische Gefangene aus dem Gefängnis Tarnow, im KL Auschwitz. Es handelt sich vor allem um junge, gesunde, militärdiensttaugliche Männer.  Außerdem befinden sich unter ihnen Untergrundkämpfer, Vertreter der polnischen Intelligenz, Geistliche und Juden, die im Frühjahr 1940 im Rahmen der von Generalgouverneur Frank angeordneten A-B-Aktion verhaftet worden waren. (Czech, S. 35-36)

18.06.1940

Schreiben des RSHA

Juden, die im Verlauf der Juni-Aktionen (1938) verhaftet wurden, sind einer besonders strengen Prüfung zu unterziehen. Die Fortsetzung der Haft von Juden wird vorerst nötig sein, da sie infolge des Krieges nicht auswandern können. (Walk, S. 323)

24.06.1940

Schreiben Heydrichs an Außenminister Ribbentrop

Falls das Auswärtige Amt Besprechungen plane, die sich mit der "Endlösung der Judenfrage" befassen, bitte er, ihn zu beteiligen.

"Seit Übernahme der Aufgabe durch meine Dienststelle am 1. Januar 1939 sind bisher insgesamt über 300.000 Juden aus dem Reichsgebiet ausgewandert. Das Gesamtproblem - es handelt sich bereits um rund 3 1/4 Millionen Juden in den heute deutscher Hoheitsgewalt unterstehenden Gebieten - kann aber durch Auswanderung nicht mehr gelöst werden. Eine territoriale Endlösung wird daher notwendig." (Adler, S. 71)

27.06.1940

Generalgouvernement

Wirtschaftsbesprechung.

Ministerialdirigent Dr. Emmerich legt die Grundsätze der von ihm beabsichtigten Wirtschaftspolitik dar:

"Voraussetzung einer gedeihlichen wirtschaftlichen Tätigkeit sei eine grundlegende Änderung in der gesamten wirtschaftlichen Struktur. Zunächst müsse im jüdischen Sektor eine bedeutende Rationalisierung Platz greifen. An Stelle der vielen Kleinexistenzen müßten lebensfähige Mittelexistenzen geschaffen werden. Durch die Zusammenpressung des jüdischen Sektors ergebe sich dann für den polnischen Sektor die Möglichkeit des Nachrückens (...). Durch das Nachrücken der Polen würden die Schlüsselstellungen frei, in die dann die Deutschen einrücken müßten. Selbstverständlich müsse diese kommerzielle Wanderung entsprechend organisiert werden, damit sie nicht zügellos vor sich gehe. Die Vorarbeiten hierfür seien von der Abteilung Wirtschaft bereits in Angriff genommen."

Generalgouverneur Frank erklärt, die von Emmerich vorgetragenen Gesichtspunkte entsprächen ganz seinen Absichten. (Präg, S. 244)

 

28.06.1940

Die Sowjetunion zwingt durch politischen Druck die rumänische Regierung zur Abtretung Bessarabiens und der Nordbukowina. Beim Abzug der rumänischen Soldaten aus diesen Gebieten begehen sie zahlreiche Gewalttaten gegen die jüdische Bevölkerung. Hunderte von Juden werden in Dörfern auf beiden Seiten der neuen Grenze ermordet; mehrere tausend Juden fliehen vor den Pogromen in das jetzt sowjetische Bessarabien.

WELTKRIEGSEREIGNISSE

10.06.1940

Kapitulation der norwegischen Streitkräfte.

Kriegserklärung Italiens an Großbritannien und Frankreich.

14.6.1940

Deutsche Truppen marschieren in Paris ein.

15. - 17.06.1940

Die Rote Armee besetzt - gemäß der im deutsch-sowjetischen Zusatzabkommen vom 23.8.39 festgelegten Abgrenzung der "Interessenssphären" - die drei baltischen Republiken Litauen, Estland und Lettland. Sie werden wenig später zu Unionsrepubliken der UdSSR erklärt.

22.06.1940

Frankreich unterzeichnet den Waffenstillstand mit Deutschland. Die nördliche Hälfte Frankreichs wird von den Deutschen besetzt und kommt unter Militärverwaltung. In der unbesetzten Südhälfte etabliert sich in Vichy eine von Deutschland abhängige französische Regierung, die sich ständig zwischen Kollaboration und Versuchen zum Erhalt eigener Handlungsspielräume bewegt.


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