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Anfang August 1941

Luxemburg

Die deutsche Verwaltung verbietet den Juden den Besuch von Gaststätten, Theatern, Kinos, Sportplätzen, Badeanstalten und öffentlichen Veranstaltungen. Ihre Einkaufszeit wird beschränkt auf zwei Stunden täglich in wenigen Geschäften. Zwischen 19 Uhr und 7 Uhr morgens gilt für sie eine Ausgangssperre. Außerdem wird eine Kennzeichnungspflicht eingeführt. Es wird mit der Konzentrierung vor allem alter, kranker und eingewanderter Menschen in einer Art Ghetto im Kloster Fünfbrunnen  im Norden Luxemburgs begonnen.

August 1941

Rumänien

Errichtung des Durchgangslagers Vertujeni in Bessarabien in einem überwiegend (91%) von Juden bewohnten Dorf gleichen Namens, 10 km von der Bezirksstadt Soroca entfernt.
Die ersten Juden, die in das Lager gebracht werden, sind Menschen, die aus Bessarabien in die Ukraine geflüchtet waren und von den Deutschen zurückgetrieben wurden. Am 17. August werden etwa 13.000 Juden in das Lager gesperrt, am folgenden Tag kommen weitere 4.000 Juden aus der Nordbukovina hinzu, am 21. August noch einmal mehrere tausend Menschen. Danach leben in dem Lager etwa 26.000 Menschen. Die durchschnittliche Sterbezahl am Tag ist 170.

Besetztes sowjetisches Gebiet

In Smolensk wird ein Ghetto errichtet, in das 2.000 Juden gesperrt werden, darunter einige aus Orten der Umgebung.

Kroatien

Die Ustascha-Regierung läßt das Lager Jasenovac errichten. Nach neueren Schätzungen wurden dort 60.-80.000 Menschen ermordet,  darunter 20.-25.000 Juden. Die meisten starben vor dem August 1942 , als die Deportation kroatischer Juden nach Auschwitz begann. Die meisten Deportierten wurden gleich nach der Ankunft ermordet. Nur Ärzte, Apotheker, Elektriker, Schuhmacher, Goldschmiede und andere Facharbeiter, die bei Dienstleistungen und in Werkstätten in Jasenovac eingesetzt wurden, waren davon zunächst ausgenommen. (EdH, S. 663-664)

Auschwitz

Im KL Auschwitz werden erste Versuche an kranken Häftlingen unternommen, Menschen durch intravenöse Injektionen aus Perhydrol, Benzin, Äther, Evipan oder Phenol zu töten. Die Versuche ergeben, daß Phenolspritzen ins Herz die "zweckmäßigste" Tötungsmöglichkeit sind. (Czech, S. 108)

Frankreich

Die deutschen Besatzungsbehörden durchkämmen zweimal das 11. Arrondissement von Paris; insgesamt 4.000 Juden werden in ein Konzentrationslager im Pariser Vorort Drancy gebracht.

RK Ukraine

In Shitomir wird mit der Errichtung eines Ghettos  begonnen, in dem danach über 3.000 jüdische Männer, Frauen und Kinder untergebracht werden.

Niederlande

Registrierung und Zwangsverkauf von Grundstücken, die Juden gehören.

August 1941 - April 1942

Wartheland

Annähernd 2.000 Männer aus dem Ghetto von Belchatów bei Lodz werden in Zwangsarbeitslager im Gebiet von Poznan/Posen abtransportiert, wo sie in den folgenden Monaten fast alle ums Leben kommen.

01.07. - 31.08.1941

UdSSR/Rumänien

Eine rumänische Spezialeinheit, Angehörige der deutschen Einsatzgruppe D und Wehrmachtssoldaten ermorden in Bessarabien, dem heutigen Moldova, zwischen 150.000 und 160.000 Juden.

13.07. - 09.08.1941

UdSSR

In Dwinsk (Lettland) ermorden die Deutschen 9.000 Juden.

01.08.1941

Bezirk Bialystok

In der Stadt Bialystok wird ein Ghetto geschaffen, in das 50.000 Menschen gesperrt werden, zum Teil aus dem Bezirksgebiet. Im Ghetto werden zahlreiche Produktionsbetriebe in deutschen Diensten eingerichtet; einige jüdische Zwangsarbeiter werden auch in deutschen Firmen außerhalb des Ghettos beschäftigt.

Besetzte Gebiete

Galizien mit der Hauptstadt Lemberg/Llow wird offiziell dem Generalgouvernement als fünfter Distrikt angegliedert. Der Bezirk Bialystok wird der Zivilverwaltung des Oberpräsidenten von Ostpreußen, Koch, unterstellt.

02.08.1941

Den Juden wird die Benutzung der allgemeinen Leihbüchereien verboten. (Walk, S. 345)

04.08.1941

Rumänien

Deportation von Juden aus Storoshinez und Umgebung (Nordbukowina) nach Transnistrien. Rumänische Gendarmen ertränken dabei 200 Menschen im Dnjestr.

05.08.1941

RK Ukraine

In Pinsk werden 8.000 jüdische Männer zusammengetrieben unter dem Vorwand, sie würden für Reparaturarbeiten an der Eisenbahnlinie benötigt; unter ihnen 20 (von 28) Mitgliedern des Judenrates und sein Vorsitzender. Alle werden von den Deutschen außerhalb der Stadt ermordet.

06.08.1941

Rumänien

Die deutsche Gesandtschaft in Bukarest an das Auswärtige Amt.

"Auf Grund Befehls des Staatsführers (Ion Antonescu), 60.000 Juden zum Straßenbau in Bessarabien heranzuziehen, haben Polizeipräfekten auch in Bukarest sämtliche arbeitsfähigen Juden sammeln und zum Teil in Arbeitslager abtransportieren lassen. Durch diese Maßnahme wurde rumänische Wirtschaft erheblich geschädigt, in der mangels geeigneten Ersatzes - zumal während der Mobilisierung - Juden noch viele Stellen innehalten. Darüber hinaus wurde deutsch-rumänischer Warenverkehr gefährdet, da in von Deutschland neu gegründeten Unternehmen (...) mit Arisierung erst begonnen werden konnte und jüdische Kaufleute die von ihnen gekauften deutschen Waren nicht mehr aus dem Zollager beheben konnten.
Habe daher Stellvertretendem Ministerpräsidenten geraten, Ausschaltung jüdischer Elemente nur systematisch und langsam vorzunehmen. Stellv. Ministpräsident (Mihai) Antonescu erklärte, von sich aus im Ministerrat bereits vorgeschlagen zu haben, Maßnahmen rückgängig zu machen, da diesfalls (General Ion) Antonescu anscheinend Zahl der einsatzfähigen Juden überschätzt habe. Präfekten haben nunmehr Anweisung erhalten, Maßnahmen einzustellen. Es wurde außerdem eine interministerielle Kommission gebildet, welche die Aufgabe hat, die bereits deportierten Juden, sowie sie kriegswichtig sind, zurückzustellen." (ADAP, Serie D, Bd. XIII.1, Nr. 182)

RK Ostland

Den jüdischen Bewohnern Wilnas (Litauen) wird eine "Buße" von umgerechnet 500.000 Reichsmarkt auferlegt.

07.08.1941

Die Lebensmittelzuteilung an Juden wird weiter beschränkt. (Walk, S. 346)

RK Ukraine

In Pinsk werden 2.500-3.000 männliche Juden, darunter auch alte Männer und Kinder, zusammengetrieben und erschossen.

Generalgouvernement

Erste Verordnung über die Einführung arbeitsrechtlicher Vorschriften im Distrikt Galizien. Alle Juden vom vollendeten 14. bis zum vollendeten 60. Lebensjahr unterliegen dem Arbeitszwang. Der Einsatz kann erfolgen a) durch "Einberufung zur Ableistung eines Arbeitszwanges auf Grund der Verordnung vom 26.10.39"; b) "durch Einsatz im freien Arbeitsverhältnis". Aufforderung bzw. Zuweisung erfolgt durch das Arbeitsamt. Verstösse werden mit Zuchthaus bis zu 10 Jahren bestraft.

Rumänien

500 jüdische Männer und 25 Frauen aus Kischinew (Bessarabien) werden zur Zwangsarbeit in die Steinbrüche geschickt. Innerhalb einer Woche werden 325 dieser Menschen von rumänischen Soldaten ermordet.

Goebbels Tagebuch

"Die Juden sind ja immer die Träger ansteckender Krankheiten gewesen. Man muß sie entweder in einem Ghetto zusammenpferchen und sich selbst überlassen oder liquidieren, sonst würden sie immer die gesunde Bevölkerung der Kulturstaaten anstecken." (Fröhlich)

08.- 09.08.1941 und 18.- 19.08.1941

Ostland

In mehreren "Aktionen" werden tausende Juden aus Dwinsk (Lettland) im Wald von Pogulanka ermordet; darunter 400 Kinder aus dem Ghetto-Waisenheim. Nach offiziellen deutschen Zählungen wurden zwischen 13. Juli und 21. August 9.012 Juden ermordet. Ende August leben noch 7.000 jüdische Menschen im Ghetto, zumeist Arbeiter, die für die Wehrmacht eingesetzt sind, oder Angehörige der jüdischen Polizei und ihre Familienmitglieder.

09.08.1941

UdSSR

Die Wehrmacht besetzt Krasnodar im Nordkaukasus. In der Stadt leben ungefähr 2.000 Juden, sowie tausende jüdische und nichtjüdische Flüchtlinge aus dem Südteil der Ukraine und von der Krim.

Serbien/Kroatien

Der bevollmächtigte deutsche General in Zagreb, von Horstenau, teilt dem Oberkommando der Wehrmacht mit, die "Judenfrage" sei in Belgrad einigermaßen vollständig gelöst, nicht so jedoch in Sarajevo und kleineren Zentren. (Steinberg, S. 46)

11.08.1941

Goebbels Tagebuch

"In den großen Städten (der baltischen Länder) wird ein Strafgericht an den Juden vollzogen. Sie werden von den Selbstschutzorganisationen der baltischen Völker massenweise auf den Straßen totgeschlagen. Das, was der Führer prophezeite, tritt ein: daß, wenn es dem Judentum gelingen würde, wieder einen Krieg zu provozieren, es damit Seine Existenz verlieren würde" (Fröhlich, II.1, S. 213)

12.08.1941

Goebbels Tagebuch

"Die Judenfrage ist vor allem wieder in der Reichshauptstadt akut geworden. Wir verzeichnen in Berlin augenblicklich noch 70.000 Juden, von denen noch nicht einmal 30.000 im Arbeitsprozeß sind; die anderen leben als Parasiten von der Arbeit ihres Gastvolkes. Das ist ein unerträglicher Zustand. Die verschiedensten Dienststellen in den obersten Reichsbehörden sperren sich noch gegen eine radikale Lösung dieses Problems. Ich lasse da aber nicht locker. Ich möchte es nicht wieder erleben, daß wie im Jahre 1938 die Judenfrage vom Pöbel gelöst wird. Das aber ist auf die Dauer nur zu verhindern, wenn man rechtzeitig die entsprechenden durchgreifenden Maßnahmen trifft. (...)
Auch halte ich es für notwendig, daß die Juden mit einem Abzeichen versehen werden. Sie betätigen sich in den Schlangen, in den Verkehrsmitteln und sonstwo in der Öffentlichkeit als Miesmacher und Stimmungsverderber. Es ist deshalb unbedingt notwendig, daß sie gleich, wenn sie das Wort ergreifen, auch als Juden erkannt werden. Man darf nicht zulassen, daß sie im Namen des deutschen Volkes sprechen. Sie haben mit dem deutschen Volk nichts zu tun, sondern müssen aus dem deutschen Volk ausgeschieden werden." (Fröhlich, II.1, S. 218)

13.08.1941

RK Ostland

Der Reichskommissar Ostland, Lohse, schickt  Reichsminister Rosenberg den Entwurf seiner "vorläufigen Richtlinien für die Behandlung der Juden im Reichskommissariat Ostland".    

Die Juden sollen karteimäßig erfaßt werden, in erster Linie auf Grundlage der Verzeichnisse der jüdischen Gemeinden sowie Angaben "vertrauenswürdiger Einheimischer".

Die Juden sollen durch einen gelben Stern gekennzeichnet werden. Es soll ihnen verboten werden:

  1. Wohnungswechsel ohne Genehmigung.
  2. Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln und Autos.
  3. Benutzung öffentlicher Einrichtungen wie Bäder, Parks, Spiel- und Sportplätze.
  4. Besuch von Theatern, Kinos, Büchereien, Museen.
  5. Jeglicher Schulbesuch.
  6. Besitz von Autos und Radios.
  7. Das Schächten.

Folgende Berufe dürfen von Juden nicht mehr ausgeübt werden: Rechtsanwalt, Notar oder Rechtskonsolent; das Betreiben von Bank-, Geldwechsel- und Pfandleihgeschäften; Vertreter, Agent und Vermittler; Handel mit Grundstücken. Auch aus dem gesamten Handel sollen Juden vollständig entfernt werden. Jüdische Ärzte dürfen nur noch jüdische Patienten behandeln. "Jüdischen Apothekern ist die Berufsausübung nach Bedarf nur in Ghettos oder Lagern zu erlauben."

Der gesamte Besitz der jüdischen Bevölkerung soll beschlagnahmt werden, mit Ausnahme existentieller Haushaltsgegenstände und eines Tageseinkommens von 0.20 RM pro Kopf.

"Juden sind tunlichst in Städten oder in Stadtteilen größerer Städte zu konzentrieren, die bereits eine überwiegende jüdische Bevölkerung besitzen. Dort sind Ghettos zu errichten. Den Juden ist das Verlassen der Ghettos zu verbieten."
Sie sollen nur soviel Nahrungsmittel erhalten, wie zur "notdürftigen Ernährung" ausreicht. "Das gleiche gilt für die Versorgung mit anderen lebenswichtigen Gütern."
"Die arbeitsfähigen Juden sind nach Maßgabe des Arbeitsbedarfs zu Zwangsarbeit heranzuziehen. (...) Die Vergütung hat nicht der Arbeitsleistung zu entsprechen, sondern nur der Bestreitung des notdürftigen Lebensunterhalts für den Zwangsarbeiter und Seine nichtarbeitsfähigen Familienmitglieder unter Berücksichtigung seiner anderen Barmittel zu dienen." (IMT, PS-1138-PS)

14.08.1941

Erlaß des Reichserziehungsministers

Unterricht in Hebräisch oder Aramäisch an höheren Schulen soll nicht gestattet werden. Schulräume für solchen Unterricht dürfen nicht zur Verfügung gestellt werden, selbst wenn sie frei sind und von kirchlichen Autoritäten zur Verfügung gestellt werden. (Walk, S. 346)

Goebbels Tagebuch

"Aus Rumänien kommt leider eine unerfreuliche Nachricht: Antonescu ist in der Judenfrage wieder etwas weich geworden. Die Juden sollen Kriegsanleihen zeichnen, und deshalb gibt er ihnen eine Reihe von Vergünstigungen. Das ist unklug. Er könnte den Juden ja einfach das Geld abnehmen und es für Seine Kriegführung verwenden. Aber Antonescu ist am Ende doch nur ein General und kein Politiker." (Fröhlich, II.1, S. 231)

Mitte August 1941

RK Ostland

In Riga (Lettland) wird in einem überwiegend von Juden und armen Russen bewohnten Vorort ein Ghetto gebildet. Zu dieser Zeit leben in Riga ungefähr 30.000 jüdische Frauen, Männer und Kinder. Das Ghetto wird mit einem hohen Zaun umgeben und von lettischen Posten bewacht. Das etwa 9.000 qm große Gebiet ist völlig überbevölkert, die sanitären Bedingungen sind unzureichend.

15.08.1941

Ungarn

Ungarn schiebt Juden aus der annektierten Batschka (ehem. Jugoslawien) in das von den Deutschen besetzte Serbien ab, wo sie später ermordet werden.

Im Propagandaministerium findet eine Sitzung verschiedener beteiligter Stellen zur "Judenfrage" statt, an der u.a. Eichmann teilnimmt. Eichmann berichtet, daß Hitler "Evakuierungen" der jüdischen Bevölkerung des Reichs  während des Krieges abgelehnt habe. Heydrich lasse jetzt einen Vorschlag ausarbeiten, der auf Teilevakuierung der größeren Städte ziele.

Der Staatssekretär im Propagandaministerium, Gutterer, trägt die Forderung von Goebbels nach einer Kennzeichnungspflicht für die Juden vor. Eichmann teilt mit, daß diese Frage zur Entscheidung bei Hitler liege. (Adler, S. 87)

Goebbels Tagebuch

"Ich muß dem Führer die Frage vorlegen, ob er im Augenblick in der Öffentlichkeit eine Debatte über das Euthanasie-Problem wünscht. Wir könnten diese Debatte evtl. an den neuen Liebeneiner-Film 'Ich klage an' anschließen. Ich bin selbst wenigstens für den gegenwärtigen Zeitpunkt dagegen. Mit einer solchen Debatte würde man nur die Gemüter aufs neue erhitzen. Das ist in einer kritischen Periode des Krieges außerordentlich unzweckmäßig. Man soll alle Zündstoffe aus dem Volke im Augenblick fernhalten. Das Volk ist so mit den Problemen des Krieges beschäftigt, daß es sich an anderen Problemen nur erhitzt und reibt. Auch verliert dabei die Konzentration des Volkes auf das eigentliche Problem des Krieges, nämlich auf die Erringung des Sieges, an Durchschlagskraft." (Fröhlich, II.1, S. 239)

16.08.1941

Rumänien

Der deutsche Gesandte Killinger an das Auswärtige Amt.

"General Antonescu beschwerte sich heute darüber, daß von den Sowjettruppen mitgenommene, bessarabische Juden nunmehr durch deutsche Kommandostellen aus der Ukraine nach Bessarabien zurückgeschoben würden. Es handelt sich zunächst um 11.000 Juden, die in der Gegend von Soroca an der bessarabischen Grenze auf Einreiseerlaubnis warten. Der General bittet dringend, die Rückkehr dieser Juden nach Bessarabien, die mit den ihm vom Führer in München über die Behandlung der Ostjuden gegebenen Richtlinien im Widerspruch stehe, zu verhindern und die deutschen Stellen anzuweisen, den Abschub der Juden in anderer Richtung zu veranlassen. Hierzu bemerke ich, daß auch innenpolitisch die Rückkehr von Juden nach Bessarabien eine unerwünschte Belastung für Rumänien darstellen würde."

Das Oberkommando der Wehrmacht teilt daraufhin mit, es habe die zuständigen militärischen Stellen angewiesen, auf solche Abschiebungen künftig zu verzichten. (ADAP, Serie D, Bd. XIII.1, Nr. 207 und Fußnote)

17.08.1941

Besetztes sowjetisches Gebiet

Die deutschen Behörden in Krasnodar (Rußland), ordnen an, daß die Juden sich registrieren lassen müssen. - Wenige Wochen später wird den Juden befohlen, sich an einer Sammelstelle einzufinden. Von dort werden sie abtransportiert und außerhalb der Stadt ermordet, einige mit Hilfe von Gaswagen. Insgesamt werden in Krasnodar 7.000 Menschen, überwiegend Juden, vom Sonderkommando 10a ermordet.

08.- 09.08.1941 und 18.- 19.08.1941

Ostland

In mehreren "Aktionen" werden tausende Juden aus Dwinsk (Lettland) im Wald von Pogulanka ermordet; darunter 400 Kinder aus dem Ghetto-Waisenheim. Nach offiziellen deutschen Zählungen wurden zwischen 13. Juli und 21. August 9.012 Juden ermordet. Ende August leben noch 7.000 jüdische Menschen im Ghetto, zumeist Arbeiter, die für die Wehrmacht eingesetzt sind, oder Angehörige der jüdischen Polizei und ihre Familienmitglieder.

19.08.1941

Generalgouvernement

Nachdem Kolomyja (Westukraine) aus zunächst ungarischer unter deutsche Verwaltung gekommen ist, wird den Juden der Stadt die Zahlung eines hohen Geldbetrags und die Ablieferung ihrer Wertsachen auferlegt.

Ebenfalls im August wird ein Judenrat eingesetzt.

Tagebuchaufzeichnung von Goebbels nach einem Gespräch mit Hitler

"Wir reden auch über das Judenproblem. Der Führer ist der Überzeugung, daß Seine damalige Prophezeiung im Reichstag, daß, wenn es dem Judentum gelänge, noch einmal einen Weltkrieg zu provozieren, er mit der Vernichtung der Juden enden würde, sich bestätigt. Sie bewahrheitet sich in diesen Wochen und Monaten mit einer fast unheimlich anmutenden Sicherheit. Im Osten müssen die Juden die Zeche bezahlen; in Deutschland haben sie sie zum Teil schon bezahlt und werden sie in Zukunft noch mehr bezahlen müssen. Ihre letzte Zuflucht bleibt Nordamerika; und dort werden sie über kurz oder lang auch einmal bezahlen müssen. Das Judentum ist ein Fremdkörper unter den Kulturnationen, und Seine Tätigkeit in den drei letzten Jahrzehnten ist eine so verheerende gewesen, daß die Reaktion der Völker absolut verständlich, notwendig, ja man möchte fast sagen in der Natur zwingend ist. Jedenfalls werden die Juden in einer kommenden Welt nicht viel Grund zum Lachen haben. Heute schon gibt es in Europa eine ziemliche Einheitsfront dem Judentum gegenüber."

Der rumänische Diktator Antonescu gehe gegen die Juden sehr viel radikaler vor, als es die deutschen Nationalsozialisten bisher getan hätten. "Aber ich werde nicht ruhen und nicht rasten, bis auch wir dem Judentum gegenüber die letzten Konsequenzen gezogen haben." (Fröhlich)

20.08.1941

Goebbels Tagebuch

"In der Judenfrage fange ich nun sofort an aktiv zu werden. Da der Führer mir erlaubt hat, ein Abzeichen für die Juden einzuführen, glaube ich es aufgrund dieser Kennzeichnung der Juden sehr schnell fertig zu bringen, ohne gesetzliche Unterlagen die nach Lage der Dinge gegebenen Reformen durchzuführen. (...)

Ich beauftrage Gutterer (Staatssekretär im Propagandaministerium), die Führung der jüdischen Gemeinde in Berlin zu sich zu bestellen und ihr für die gesamten Berliner Juden strenge Vorschriften zu übermitteln. Vor allem müssen die Juden jetzt in Arbeit gebracht werden. Ich werde ihnen nun die ultimative Forderung stellen, entweder sich schleunigst in den Arbeitsprozeß einzugliedern oder in Kauf zu nehmen, daß für die 78.000 Juden nur für 23.000 arbeitende Juden Lebensmittelrationen zur Verfügung gestellt werden. (...)

Wenn es im Augenblick auch noch nicht möglich ist, aus Berlin eine judenfreie Stadt zu machen, so dürfen die Juden wenigstens öffentlich nicht mehr in Erscheinung treten. Darüber hinaus aber hat der Führer mir zugesagt, daß ich die Juden aus Berlin unmittelbar nach Beendigung des Ostfeldzuges in den Osten abschieben kann. Berlin muß eine judenfreie Stadt werden. (...) Ich habe den Kampf gegen das Judentum in Berlin im Jahre 1926 aufgenommen, und es wird mein Ehrgeiz sein, nicht zu ruhen und nicht zu rasten, bis der letzte Jude Berlin verlassen hat." (Fröhlich, II.1, S. 278)

21.08.1941

Tagesparole des Reichspressechefs

Es besteht ein Interesse darin, daß alle jüdischen Äußerungen gegen Deutschland oder die autoritären Staaten gut verzeichnet werden. Dieser Wunsch findet Seine Begründung in evtl. zu erwartenden innenpolitischen Maßnahmen. (Walk, S. 346)

23.08.1941

Generalgouvernement

Das Ghetto von Czestochowa/Tschenstochau (Südwestpolen) wird abgeriegelt.

Etwa 20.000 Menschen aus anderen Städten und Dörfern wurden in dieses Ghetto gebracht, in dem schließlich über 48.000 Menschen lebten. Wichtigste Stätte der Zwangsarbeit im Ghetto waren die Deutschen Metallurgischen Rüstungsfabriken.

Goebbels Tagebuch

Nachdem der Bischof von Münster, Galen, in scharfer Form die "Euthanasie"-Morde kritisiert hat, notiert Goebbels in seinem Tagebuch, er halte es im Augenblick nicht für zweckmäßig, daraus einen Konflikt zu machen. "Die Kirchenfrage ist nach dem Kriege mit einem Federstrich zu lösen. Während des Krieges läßt man besser die Finger davon; da kann sie nur als heißes Eisen wirken. (...) Ob es überhaupt richtig gewesen ist, die Frage der Euthanasie in so großem Umfang, wie das in den letzten Monaten geschehen ist, aufzurollen, mag dahingestellt bleiben. Jedenfalls können wir alle froh sein, wenn die daran angeknüpfte Aktion zu Ende ist. Notwendig war sie. Es ist unerträglich, daß während eines Krieges hunderttausende für das praktische Leben gänzlich ungeeignete Menschen, die vollkommen verblödet sind und niemals mehr geheilt werden können, mitgeschleppt werden und den Sozialetat eines Landes dermaßen belasten, daß für eine aufbauende soziale Tätigkeit kaum noch Mittel und Möglichkeiten übrig bleiben. Trotzdem aber vertrete ich den Standpunkt, daß man nach Möglichkeit den offenen Konflikt vermeiden soll. Wir haben jetzt auch nicht genügend Zeit und Nerven, um ihn bis zur letzten Konsequenz durchzusetzen. Das wollen wir uns lieber für bessere Zeiten aufsparen." (Fröhlich, II.1, S. 298-299)

24.08.1941

Die Massenmorde an deutschen Geisteskranken werden eingeschränkt - aber nicht völlig eingestellt -, nachdem es zu Beunruhigung in Teilen der Bevölkerung - besonders in der näheren Umgebung der Tötungsanstalten und bei Angehörigen der Opfer - und zu Protesten der Kirchen gekommen war.

Aus (vermutlich unvollständigen) Aufstellungen eines Statistikers der "Euthanasie"-Zentrale T4 ergibt sich, daß 1940 rd. 35.200 und 1941 rd. 35.050 Menschen getötet wurden, davon 18.300 in Hartheim, 13.700 in Sonnenstein, 10.070 in Hadamar und jeweils rund 9.800 in Grafeneck und Brandenburg (beide 1941 nicht mehr "in Betrieb") sowie 8.600 in Bernburg.

UdSSR

Deutsche Truppen besetzen Dnjepropetrowsk (Ukraine). Vor dem Krieg lebten dort 80.000 jüdische Menschen, etwa 16% der Bevölkerung. Beim Näherkommen der Wehrmacht waren 60.000 Juden von den sowjetischen Behörden aus der Stadt evakuiert worden oder geflüchtet.

In den ersten Tagen nach dem deutschen Einmarsch kommt es zu Plünderungen der ukrainischen Bevölkerung gegen die Juden. Die Kennzeichnungspflicht wird eingeführt; Hauswarte werden eingesetzt, um der Besatzungsbehörde eine Liste der jüdischen Bewohnern zu liefern; die Militärverwaltung trifft Vorbereitungen zur Bildung eines Ghettos.

RK Ukraine

Im ärmsten Stadtteil von Berditschew wird ein Ghetto für die noch etwa 20.000 Juden eingerichtet.

Telegramm von Gestapochef Müller an die Einsatzgruppen A und B

"Wie gemeldet wird, sind mehrfach die neu eingesetzten Gebietskommissare im Gebiet Ostland an die zuständigen Einsatzkommandos herangetreten, um Einstellung der Kommunisten- und Juden-Aktionen zu erreichen. Auf Befehl des Chefs der Sipo und des SD (= Heydrich) sind diese Ersuche abzulehnen und sofort nach hier zu berichten." (Ogorreck, S. 167-168)

26.08.1941

Goebbels Tagebuch

"Die Judenfrage wird von mir unentwegt weitergetrieben. Zwar sind fast in allen Ämtern große Widerstände festzustellen, aber ich lasse da nicht locker. Es kommt nicht in Frage, daß wir auf halbem Wege stehen bleiben. Die Juden sollen nicht in einer Zeit, in der das deutsche Volk um Seine Zukunft und um sein Leben kämpft, sogar als Gäste unseres Volks noch die Nutznießer dieses Kampfes sein. Im übrigen hoffe ich, daß, wenn wir in den nächsten Wochen die Broschüre des amerikanischen Juden Kaufman (s. 24.7.41) in einer Millionenauflage im deutschen Volk herausbringen und außerdem die Juden dann sichtbar ihre Judenabzeichen tragen müssen, die Stimmung des deutschen Volkes den Juden gegenüber eine wesentlich andere sein wird." (Fröhlich, II.1, S. 311-312)

27. - 28.08.1941

Ungarn/RK Ukraine

23.600 jüdische Menschen werden bei einer von SS-Obergruppenführer Jeckeln geleiteten "Aktion" in der Nähe von Kamenets-Podolski (Ukraine) ermordet. 14.-18.000 von ihnen waren aus Ungarn deportiert worden; die übrigen stammten aus der Gegend.

29.08.1941

Belgien

Juden wird der Zuzug nach anderen Orten als Brüssel, Antwerpen, Lüttich und Charleroi verboten. Für die jüdische Bevölkerung wird eine Sperrstunde in der Zeit von 20 bis 7 Uhr eingeführt.

31.08.1941

Im "Altreich" (in den Grenzen von 1937) leben nach Angaben der Reichsvereinigung der Juden 164.407 jüdische Menschen, dazu 1.660 im Sudetengau und 231 in Danzig. In Berlin gibt es 73.153, in Frankfurt/M. knapp 11.000, in Hamburg annähernd 10.000, in Breslau rund 8.000, in Köln 6.000 Juden. (Adler, S. 201)

31.08. - 03.09.1941

RK Ostland

Rund 8.000 jüdische Einwohner Wilnas werden in Ponary, etwa 12 km von der Stadt entfernt, erschossen, darunter die meisten Mitglieder des Judenrats. Die Aktion wird als Vergeltung für einen Angriff auf deutsche Soldaten bezeichnet.

WELTKRIEGSEREIGNISSE

05.08.1941

Abschluß der Kesselschlacht von Smolensk durch die deutsche Heeresgruppe Mitte. Seit dem 10. Juli wurden 310.000 sowjetische Soldaten gefangen genommen.

08.08.1941

Abschluß der Kesselschlacht bei Uman. 103.000 sowjetische Soldaten geraten in deutsche Gefangenschaft.

09.08. - 12.08.1941

Atlantic-Conference zwischen Roosevelt und Churchill zur Vorbereitung eines eventuellen amerikanischen Kriegseintritts. Die US-Flotte übernimmt die Sicherung der Dänemark-Straße und der britischen Geleittransporte im Nordatlantik.

26.08.41

In einer von Hitler gebilligten Denkschrift des OKW wird eingeschätzt, daß der Krieg gegen die UdSSR im laufenden Jahr nicht mehr zu beenden sei, sodaß geplante Anschlußoperationen (Nordafrika, Nahost) auf 1942 verschoben werden müßten.


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