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Mai-Juni 1941

Kroatien

Die Ustascha-Regierung führt in rascher Folge antijüdische Gesetze und Maßnahmen ein; verbietet "Mischehen" und die Beschäftigung nicht-jüdischer Hausangestellter durch Juden; ordnet die Kennzeichnung der Juden und der Geschäfte in jüdischem Besitz an; jüdische Unternehmen und Vermögen müssen zur Vorbereitung der "Arisierung" registriert werden; Juden werden aus der Bürokratie und den freien Berufen entfernt.

Bereits im Mai 1941 werden einige Zagreber Juden festgenommen, ins Lager Danica gebracht und von dort aus im Sommer ins Lager Jasenovac abtransportiert. Viele Serben und Juden flüchten vor den Grausamkeiten und Massakern der Ustaschi in das von den Italienern besetzte Dalmatien.

In Kroatien lebten vor dem Krieg etwa 80.000 Juden und 30.000 Zigeuner.

01.05.1941

Nach Angaben der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland leben im "Altreich" noch 168.972 jüdische Menschen.

02.05.1941

Aktennotiz über eine Besprechung der im Generalrat des Vierjahresplans koordinierten Staatssekretäre zur Ernährungslage im Reich

  1. "Der Krieg ist nur weiter zu führen, wenn die gesamte Wehrmacht im dritten Kriegsjahr aus Rußland ernährt wird.
  2. Hierbei werden zweifellos zig Millionen Menschen verhungern, wenn von uns das für uns Notwendige aus dem Lande herausgeholt wird.
  3. Am wichtigsten ist die Bergung und Abtransport von Ölsaaten, Ölkuchen, dann erst Getreide. Das vorhandene Fett und Fleisch wird voraussichtlich die Truppe verbrauchen."
  4. Die Industrie (in den besetzten und künftig zu besetzenden Gebieten des Ostens) darf nur auf Mangelgebieten (der deutschen Wirtschaft und des deutschen Verbrauchs) wieder in Gang gebracht werden.
  5. "Für die Sicherung der weiten Gebiete zwischen den Rollbahnen (den Hauptverkehrslinien) müssen besondere Truppen bereitgestellt werden, vielleicht wird man den RAD (Reichsarbeitsdienst) oder Ergänzungsformationen des Heeres hereinlegen. Notwendig ist, die besonders wichtigen und daher zu schützenden Gebiete herauszusuchen."
     (IMT, PS-2718)

07.05.1941

Rosenbergs "Instruktion für einen Reichskommissar in der Ukraine"

Sieht die Bildung eines ukrainischen Marionettenstaates bei Abtretung der Krim ans Deutsche Reich und "Kompensationen" im Osten auf Kosten Rußlands vor.

"Die Judenfrage wird nach der selbstverständlichen Ausscheidung der Juden aus allen öffentlichen Stellen eine entscheidende Lösung erfahren durch Einrichtung von Ghettos oder Arbeitskolonnen. Arbeitszwang ist einzuführen." (IMT, PS-1028-PS)

08.05.1941

Rosenbergs "Allgemeine Instruktionen für alle Reichskommissare in den besetzten Ostgebieten"

"Das Reichskommissariat Ostland einschließlich Weißruthenien (Weißrußland) wird die Aufgabe haben, in Form einer Hinentwicklung zu einem eingedeutschten Protektorat einen immer engeren Anschluß an Deutschland vorzubereiten. Die Ukraine soll ein selbständiger Staat im Bündnis mit Deutschland werden und Kaukasien mit den anschließenden Nordgebieten ein Föderativstaat mit einem deutschen Bevollmächtigten."

"Dieser kommende Kampf ist ein Kampf um die Ernährung und Rohstoffversorgung sowohl für das Deutsche Reich als auch für den ganzen europäischen Raum, ein Kampf weltanschaulicher Natur, in dem der letzte jüdisch-marxistische Gegner niedergerungen werden muß, ein staatspolitischer Krieg, der eine neue staatliche Konzeption in sich birgt und das eigentliche Europa in entscheidender Weise nach Osten vorrückt." (IMT, PS-1030)

10.05.1941

Generalgouvernement

Vom 10. Mai 1941 bis Monatsende werden 10.000 jüdische Bewohner aus Lublin in kleinere Städte der Region deportiert.

14.05.1941

Frankreich

Etwa 3.600 eingebürgerte Juden polnischer Abstammung werden festgenommen und im 1940 errichteten KL Pithiviers sowie im ehem. Militärlager Beaune-la-Rolande interniert.

15.05.1941

Rumänien

Ein Gesetz sieht die Einziehung von Juden zur Zwangsarbeit vor.

20.05.1941

Schreiben von Eichmanns Referat im RSHA an Gestapo- und SD-Stellen

Auf Anweisung Görings soll die Auswanderung von Juden aus Deutschland auch während des Krieges gefördert werden. "Da für die Juden aus dem Reichsgebiet z.Zt. ungenügende Ausreisemöglichkeiten, in der Hauptsache über Spanien und Portugal, vorhanden sind, würde eine Auswanderung (...) aus Frankreich und Belgien eine erneute Schmälerung derselben bedeuten. Unter Berücksichtigung dieser Tatsachen und im Hinblick auf die zweifellos kommende Endlösung der Judenfrage ist daher die Auswanderung von Juden aus Frankreich und Belgien zu verhindern." - Deutsche Behörden sollen deshalb an Juden in Frankreich und Belgien keine Dokumente nachsenden, die für die Auswanderung benötigt werden.

"Eine Einwanderung von Juden aus den übrigen europäischen Ländern in das unbesetzte Frankreich ist nicht erwünscht, wenngleich diese nicht immer verhindert werden kann. Eine Einwanderung von Juden in die von uns besetzten Gebiete ist im Hinblick auf die zweifellos kommende Endlösung der Judenfrage zu verhindern." (Adler, S. 29)

22.05.1941

Erlaß des Reichswirtschaftsministers

Juden ist Kauf und Verkauf von Schmuck und Kunstgegenständen im Wert von über 1.000 RM verboten. (Walk, S. 341)

24.05.1941

Verfügung des Reichsjustizministers

Bei der Feststellung der Abstammung von jüdischen Mischlingen ist streng zu verfahren. In Fällen, in denen der Mischling sich an ein Gericht wendet mit der Behauptung, sein (rechtlicher) Vater sei nicht sein Erzeuger, haben die Gerichte das Zeugnis der Mutter zurückzuweisen, da ihr einziges Interesse darin besteht, ihr Kind vor den Nachteilen seiner jüdischen Abstammung zu schützen. (Walk, S. 342)

27.05.1941

Prof. Carl Clauberg schlägt Himmler vor, in Königshütte (Oberschlesien) oder in dessen Nähe ein "Forschungszentrum" zu errichten. Clauberg will dort Versuche durchführen, um eine neue Methode zur schnellen und massenhaften Durchführung von Sterilisationen zu entwickeln. Für diese Forschungen soll dem Institut eine Anlage für die Verwahrung von weiblichen Gefangenen aus Konzentrationslagern angegliedert werden. (Czech, S. 94)

30.05.1941

Erlaß des Reichsministers für Ernährung und Landwirtschaft

Lebensmittelgeschenksendungen aus dem Ausland für Juden sind bis zu 5 kg je Ware zur Hälfte auf die Lebensmittelrationen des Empfängers anzurechnen; darüber hinausgehende Mengen sollen voll angerechnet werden. (Walk, S. 342)

Serbien

Verordnung des deutschen Militärbefehlshabers in Serbien "betreffend die Juden und Zigeuner". U.a. ist Arbeitszwang für Männer und Frauen zwischen 14 und 60 Jahren vorgesehen.

31.05.1941

Verordnung über die Einführung der Nürnberger Rassengesetze in den eingegliederten Ostgebieten

(RGBl I, S. 297)

Durch eine Ausführungsverordnung vom gleichen Tag wird klargestellt, daß das Gesetz zum Schutz des deutschen Blutes und der deutschen Ehre nicht auf ehemalige polnische Staatsangehörige anzuwenden ist, sofern sie nicht die deutsche Staatsangehörigkeit erworben haben oder in die deutsche Volksliste eingetragen werden. (RGBl I, S. 297-298)

Belgien

Kennzeichnungszwang für Unternehmen in jüdischem Besitz; Anmeldepflicht für Grundstücke und Bankguthaben (Überführung auf Devisenbanken), Depot-Zwang für Wertpapiere; Juden dürfen von ihren Bankkonten nur noch einen festgelegten monatlichen Betrag abheben; Einziehung der Rundfunkgeräte von Juden zum 1. Juli.

WELTKRIEGSEREIGNISSE

10.05.1941

Hitlers Stellvertreter Rudolf Heß fliegt nach Großbritannien und wird dort festgenommen. Offenbar wollte er kurz vor dem Angriff auf die Sowjetunion eine deutsch-britische Verständigung erreichen.

Hitler ordnet die Umbenennung der "Dienststelle des Stellvertreters des Führers" in "Partei-Kanzlei" an. Ihr Leiter, Martin Bormann, erlangt eine außerordentliche Machtfülle, u.a. durch die Regulierung des Zugangsrechts zu Hitler.

13.05.1941

UdSSR

In Vorbereitung des Überfalls auf die Sowjetunion erläßt das Oberkommandos der Wehrmacht Richtlinien "über die Ausübung der Kriegsgerichtsbarkeit im Gebiet 'Barbarossa' und über besondere Maßnahmen der Truppe".

"Die weite Ausdehnung der Operationsräume im Osten, die Form der dadurch gebotenen Kampfesführung und die Besonderheit des Gegners" würden die Wehrmachtsgerichte künftig vor Aufgaben stellen, die nur zu lösen seien durch Beschränkung auf ihre Hauptaufgabe, die Erhaltung der militärischen Disziplin. "Das ist nur möglich, wenn die Truppe selbst sich gegen jede Bedrohung durch die feindliche Zivilbevölkerung schonungslos zur Wehr setzt."

I. Behandlung von Straftaten feindlicher Zivilpersonen: "Freischärler sind durch die Truppe im Kampf oder auf der Flucht schonungslos zu erledigen."
Auch alle anderen Angriffe feindlicher Zivilpersonen seien "auf der Stelle mit den äußersten Mitteln bis zur Vernichtung des Angreifers niederzukämpfen".
Wo dies nicht unmittelbar während der Kämpfe geschehen ist, sollen gefangen genommene "Tatverdächtige" sogleich einem Offizier vorgeführt werden, der zu entscheiden hat, ob sie erschossen werden. Gegen Ortschaften, aus denen Angriffe erfolgten, seien "kollektive Gewaltmaßnahmen" durchzuführen.

II. Behandlung von Straftaten Wehrmachtsangehöriger gegen Landeseinwohner: Es besteht kein Verfolgungszwang, "auch dann nicht, wenn die Tat zugleich ein militärisches Verbrechen oder Vergehen ist". "Bei der Beurteilung solcher Taten ist (...) zu berücksichtigen, daß der Zusammenbruch im Jahre 1918, die spätere Leidenszeit des deutschen Volkes und der Kampf gegen den Nationalsozialismus mit den zahllosen Blutopfern der Bewegung entscheidend auf bolschewistischen Einfluß zurückzuführen war und daß kein Deutscher dies vergessen hat."
Gerichtliche Verfolgung solcher Taten sei nur anzuordnen, wenn es die  Aufrechterhaltung der Disziplin oder die Sicherung der Truppe erfordert. "Das gilt z.B. für schwere Taten, die auf geschlechtlicher Hemmungslosigkeit beruhen, einer verbrecherischen Veranlagung entspringen oder ein Anzeichen dafür sind, daß die Truppe zu verwildern droht." (IMT, C-050)

20.05.- 01.06.1941

"Unternehmen Merkur" - deutsche Luftlandung auf Kreta.

23.05.1941

UdSSR

Der Wehrwirtschaftsstab Ost gibt die "Grüne Mappe" heraus, die sich mit der künftigen Ausbeutung der Sowjetunion beschäftigt. In den "Wirtschaftspolitischen Richtlinien für die Wirtschaftsorganisation Ost, Gruppe Landwirtschaft", erarbeitet von Experten des Ernährungsministeriums in Zusammenarbeit mit den im Vierjahresplan vertretenen Ministerien und der Wehrmachtsführung, heißt es:

"Die Überschußgebiete liegen im Schwarzerdegebiet (also im Süden, Südosten - Anm. d. Red.) und im Kaukasus. Die Zuschußgebiete liegen im wesentlichen in der Waldzone des Nordens. Daraus folgt: Eine Abriegelung der Schwarzerdegebiete muß unter allen Umständen mehr oder weniger hohe Überschüsse in diesen Gebieten für uns greifbar machen. Die Konsequenz ist die Nichtbelieferung der gesamten Waldzone einschließlich der wichtigen Industriezentren Moskau und Petersburg."

Die gesamte Industrie im "Zuschußgebiet", das heißt in den Ballungszonen von Moskau und Petersburg sowie auch im Ural, soll stillgelegt werden. Ausdrücklich wird dabei auch das Argument der wirtschaftlichen Konkurrenz genannt. "Ein deutsches Interesse an der Erhaltung der Erzeugungskraft dieser Gebiete ist, außer hinsichtlich der Versorgung der dort stehenden Truppen, nicht vorhanden. Die Bevölkerung dieser Gebiete, insbesondere die Bevölkerung der Städte, wird größter Hungersnot entgegensehen müssen. Es wird darauf ankommen, die Bevölkerung in die sibirischen Räume abzulenken. Da Eisenbahntransport nicht in Frage kommt, wird auch dieses Problem ein äußerst schwieriges sein."

"Aus all dem folgt, daß die deutsche Verwaltung in diesem Gebiet wohl nur bestrebt sein kann, die Folgen der zweifellos eintretenden Hungersnot zu mildern und den Naturalisierungsprozeß zu beschleunigen. Viele 10 Millionen Menschen werden in diesen Gebieten überflüssig werden und werden sterben oder nach Sibirien auswandern müssen. Versuche, die Bevölkerung dort vor dem Hungertode dadurch zu retten, daß man aus der Schwarzerdezone Überschüsse heranzieht, können nur auf Kosten der Versorgung Europas gehen. Sie unterbinden die Durchhaltemöglichkeit Deutschlands im Kriege, sie unterbinden die Blockadefestigkeit Deutschland und Europas." (IMT, Bd.XXXVI, S.135-157; IMT, EC-126)


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